Muster einer Stiftungsurkunde/Statut einer klassischen Stiftung
Ein vorbereitetes Muster einer Urkunde finden Sie im Downloadbereich.
Sitz
In der Stiftungsurkunde ist der namentliche Sitz der Stiftung zu nennen.
Rechtswirksam kann der in der Stiftungsurkunde namentlich genannte Sitz einer Stiftung nur durch Revision der Stiftungsurkunde verlegt werden. Siehe dazu auch die Bemerkungen im Artikel «Revision einer Stiftungsurkunde» unter Änderungen/Aufhebung/Fusion auf unserer Homepage.
Zweck
Ganz allgemein und abstrakt gehaltene Zweckartikel, die den Stiftungsorganen keinerlei Weisungen und Anhaltspunkte für ihre Tätigkeit geben, sind als unzulässig anzusehen (wenn beispielsweise ohne nähere Spezifikation gemeinnützige Werke unterstützt werden sollen).
Aus dem Stiftungsbegriff folgt, dass die Stiftung mindestens hinsichtlich der Grundzüge ihrer Zweckumschreibung vom Stifterwillen beherrscht und der Verfügung der Stiftungsorgane oder Dritter entzogen sein muss. Ist die Zweckumschreibung zu allgemein gehalten, so entfällt materiell jede Bindung an einen Stifterwillen, und die Organe haben praktisch freie Hand; im Ergebnis beherrscht dann allein ihr Wille die Stiftung. Allgemeine Zweckumschreibungen wie «wohltätige Zwecke» oder «gemeinnützige Zwecke» sind auf jeden Fall zu vermeiden (vgl. RIEMER HANS MICHAEL, Personenrecht, Berner Kommentar, 1975, N. 39 ff. zu Art. 80 ZGB mit Hinweisen). Das Tätigkeitsfeld der Stiftung muss auch für Dritte klar ersichtlich sein (Art. 118 HRegV).
[Handelsregisterverordnung vom 17 Oktober 2007 (HRegV, SR 221.411)]
Auch die örtliche Tätigkeit soll aus den oben dargelegten Gründen möglichst präzise definiert werden, da die Aufsichtszuständigkeit durch sie bestimmt wird.
Die Gemeinnützigkeit im Sinn des Steuerrechts wird von der kantonalen Steuerverwaltung aufgrund der Zweckumschreibung in der Stiftungsurkunde sowie der effektiven Tätigkeit beurteilt. Stiftungen, welche die Steuerbefreiung im Kanton Bern erlangen wollen, müssen zwingend die Umschreibung in Artikel 2.3 des Zweckes enthalten. Siehe dazu «2023 Muster einer Urkunde» im Downloadbereich.
Ein Zweckänderungsvorbehalt zugunsten der Stifterin/des Stifters gemäss Artikel 86a ZGB* ist nur bei Neuerrichtung möglich. Er ist in der Stiftungsurkunde ausdrücklich vorzusehen und bedarf der Anmeldung und Eintragung im Handelsregister (Art. 15 und 95 Abs. 1 Bst. g HRegV).
[*Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210)]
Unser Formulierungsvorschlag: «Der Stifter/die Stifterin behält sich ausdrücklich das Recht gemäss Art. 86a ZGB zur Änderung des Zweckes vor.»
Vermögen
Das Vermögen ist aufzulisten. Die Aufsichtsbehörde fordert einen Nachweis über das eingebrachte Kapital.
Sachwerte (z.B. Sammlungen oder Liegenschaften) und allfällige Teilvermögen mit deren Zweckbestimmung und Betrag sind genau aufzuführen. Es ist empfehlenswert, ein separates Inventar zu erstellen. Die Aufsichtsbehörde fordert einen Nachweis über eingebrachte Sachwerte.
Nach geltender Praxis (Verwaltungspraxis der Bundesbehörden, VPB 52 Nr. 57) muss die Höhe des Stiftungsvermögens in einem angemessenen Verhältnis zum betreffenden Stiftungszweck stehen. Das heisst, dass das gewidmete Vermögen die vorgesehene Tätigkeit grundsätzlich ermöglichen muss (vgl. RIEMER, a.a.O., N 29 zu Art. 80 ZGB). Erfüllt die Stiftung das Vermögenserfordernis nicht und kann mit ernsthaften Zuwendungen auch nicht gerechnet werden, so kann sie nicht gültig errichtet werden (RIEMER, a.a.O., N 24 zu Art. 80 ZGB mit Zitaten).
Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht verlangt bei den ihr unterstellten (national oder international tätigen) Stiftungen grundsätzlich die Widmung von mindestens CHF 50’000.00, die in die öffentliche Urkunde als Stiftungsvermögen aufzunehmen und als Anfangskapital bar einzubezahlen sind.
Das Vermögen ist sinngemäss nach der BVV 2* anzulegen, soweit dies nach dem Stiftungszweck möglich ist (Art. 5 ASVV**; BGE 124 III 97).
[*Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVV 2, SR 831.441.1)]
[**Verordnung vom 21. Oktober 2009 über die Aufsicht über die Stiftungen und die Vorsorgeeinrichtungen (ASVV, BSG 212.223.1)]
Organe der Stiftung
Organe der Stiftung sind grundsätzlich das oberste Stiftungsorgan sowie die Revisionsstelle.
Sind weitere Organe vorgesehen, so müssen sie in der Stiftungsurkunde erwähnt sein. Insbesondere kann eine Stiftung mehrere Vertretungs- bzw. Aussenorgane (Verwaltung, Direktorium, Geschäftsführung, Sekretariat usw.) haben. Auch mehrere Innenorgane (Kommissionen, Ausschüsse, Kassenvorstände usw.) kommen in Frage (Riemer, a.a.O., N 7 zu Art. 83 ZGB mit Beispielen).
Die Verantwortung der einzelnen Organe für ihre Aufgaben muss in der Stiftungsurkunde oder in einem Reglement klar zugewiesen werden. Organisatorische Bestimmungen, die bereits in der Stiftungsurkunde festgelegt wurden, müssen nicht zusätzlich in einem Reglement festgehalten werden. Siehe dazu auch unseren Artikel «Organisationsreglement» unter Reglemente auf unserer Homepage.
Stiftungen unterliegen der Revisionspflicht. Sie sind verpflichtet, eine Revisionsstelle zu bezeichnen und im Handelsregister eintragen zu lassen (Art. 83b ZGB i.V.m. Art. 95 Abs. 1 Bst. m HRegV). Siehe auch unter «Revision» in diesem Artikel sowie in unserem Artikel «Berichterstattung für klassische Stiftungen» unter Jahresberichterstattung auf unserer Homepage.
Oberstes Stiftungsorgan und Zusammensetzung
In der Stiftungsurkunde ist die Zusammensetzung des obersten Stiftungsorgans aufzuführen. Mindestens ein zeichnungsberechtigtes Mitglied muss Wohnsitz in der Schweiz haben. Sind die Mitglieder des obersten Stiftungsorgans kollektiv zeichnungsberechtigt, muss die Vertretung in der Schweiz möglich sein.
Einzelunternehmen, Handelsgesellschaften, juristische Personen sowie Institute des öffentlichen Rechts dürfen als solche nicht als Mitglied der Leitungs- oder Verwaltungsorgane oder als Zeichnungsberechtigte in das Handelsregister eingetragen werden (Art. 120 HRegV). An deren Stelle können hingegen bevollmächtigte Vertreterinnen oder Vertreter bzw. Zeichnungsberechtigte als Stiftungsrätinnen oder Stiftungsräte im Handelsregister eingetragen werden.
Die personelle Zusammensetzung des obersten Stiftungsorgans und die Zeichnungsberechtigten sowie allfällige Änderungen sind dem Handelsregisteramt und der Aufsichtsbehörde umgehend zu melden.
Der Artikel «Offenlegung von Vergütungen an das oberste Stiftungsorgan und die Geschäftsleitung» unter Jahresberichterstattung auf unserer Homepage beinhaltet Angaben über die Entschädigung von Stiftungsorganen.
Konstituierung und Ergänzung
In der Stiftungsurkunde ist klar festzulegen, wer das oberste Stiftungsorgan wählt (erstmals und bei Wiederwahl) und abwählt, ob es eine Amtsdauer gibt und ob eine Wiederwahl möglich ist.
Kompetenzen
Die Kompetenzen sind zu bezeichnen. Ist das oberste Stiftungsorgan berechtigt, einzelne seiner Befugnisse an eines oder mehrere seiner Mitglieder oder an Dritte zu übertragen, so ist dies in der Stiftungsurkunde (oder dem Organisationsreglement) zu erwähnen und es sind die übertragenen Befugnisse zu bezeichnen.
Kann das oberste Stiftungsorgan eine Geschäftsführerin/einen Geschäftsführer bezeichnen, so ist dies in der Stiftungsurkunde (oder dem Organisationsreglement) zu erwähnen. Zudem ist festzulegen, ob diese/dieser dem obersten Stiftungsorgan angehören kann oder muss und welche Kompetenzen sie/er trägt.
Beschlussfassung
Hier wird festgehalten, wie oft sich das oberste Stiftungsorgan trifft und wer die Sitzung einberufen kann, wie die Beschlussfassung erfolgt (einfaches Mehr der Anwesenden, einfaches Mehr aller Mitglieder des obersten Stiftungsorgans, qualifizierte Mehrheiten), wer den Vorsitz hat und wer das Protokoll führt.
Wo weder das Stiftungsrecht noch die Stiftungsurkunde (oder das Organisationsreglement) genauere Auskunft über die Beschlussfassung geben, gilt analog das Vereinsrecht (Art. 60 ff. ZGB; BGE 128 III 209 mit Hinweisen). Fehlt beispielsweise eine entsprechende Regelung in der Stiftungsurkunde (oder im Organisationsreglement), gilt die Ausstandsregel von Artikel 68 ZGB sinngemäss auch für Stiftungen.
Reglemente
Stiftungsreglemente sind von der Stifterin/dem Stifter oder den Stiftungsorganen erlassene Ausführungsbestimmungen zur Stiftungsurkunde. Der Erlass von Stiftungsreglementen muss in der Stiftungsurkunde vorbehalten werden.
Stiftungsreglemente können, abgesehen vom Stiftungswillen, Anfangsvermögen und von den Grundzügen des Stiftungszweckes, alle Stiftungsbestimmungen enthalten. Sie dürfen jedoch der Stiftungsurkunde nicht widersprechen; idealerweise ergänzen die Stiftungsreglemente die Stiftungsurkunde. Siehe dazu auch unsere Artikel unter Reglemente auf unserer Homepage
Revisionsstelle
Für die Revision gelten analog die Vorschriften des Obligationenrechts* über die Revisionsstelle bei Aktiengesellschaften (Art. 83b Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 727 ff. OR). Es hat somit eine eingeschränkte oder eine ordentliche Revision durch eine unabhängige Revisionsstelle zu erfolgen, welche gemäss dem Revisionsaufsichtsgesetz** zugelassen und im Register der Revisionsaufsichtsbehörde eingetragen ist (siehe www.rab-asr.ch und dortige Hinweise).
[*Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (OR, SR.220)]
[**Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG, SR 221.302)]
Die Revisionsstelle wird vom obersten Stiftungsorgan für ein bis drei Geschäftsjahre gewählt (Art. 83b Abs. 1 ZGB und Art. 730a Abs. 1 OR).
Auf Gesuch des obersten Stiftungsorgans kann die Aufsichtsbehörde eine Stiftung von der Revisionspflicht befreien. Die mit Verfügung genehmigte Befreiung von der Revisionspflicht muss im Handelsregister eingetragen werden. Die Möglichkeit zur Befreiung muss zudem durch einen entsprechenden Vorbehalt in der Stiftungsurkunde vorgesehen sein (vgl. Art. 1 Abs. 4 der Verordnung über die Revisionsstelle von Stiftungen* und Art. 95 Abs. 1 Bst. l HRegV).
[*Verordnung vom 24. August 2005 über die Revisionsstelle von Stiftungen (SR 211.121.3]
Die Wahl der Revisionsstelle sowie allfällige Änderungen sind dem Handelsregisteramt und der Aufsichtsbehörde umgehend zu melden.
Zur Revisionsstelle verweisen wir auch auf unseren Artikel «Berichterstattung für klassische Stiftungen» unter Jahresberichterstattung auf unserer Homepage.
Änderung der Stiftungskurkunde
Im Artikel «Revision einer Stiftungsurkunde» unter Änderungen/Aufhebung/Fusion auf unserer Homepage finden Sie weitergehende Informationen zum Vorgehen im Fall einer Urkundenänderung.
Aufhebung der Stiftung
Grundsätzlich besteht eine Stiftung nach der Gründung auf unbestimmte Zeit.
Eine vorzeitige Aufhebung der Stiftung darf nur aus den im Gesetz vorgesehenen Gründen und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde erfolgen.
Bei der Aufhebung beantragt das oberste Stiftungsorgan bei der Aufsichtsbehörde die Zuwendung des nach Abschluss der Liquidation noch vorhandenen Stiftungsvermögens an die/eine den Aufhebungsbestimmungen entsprechende Institution.
Zur Aufhebung einer Stiftung verweisen wir auf unsere Artikel unter Änderungen/Aufhebung/Fusion auf unserer Homepage.