Rentnerbestände und Rentnerübernahmen
Rahmenbedingungen und Ablaufschema
Einleitung
Seit dem 1. Januar 2024 sind die neuen Bestimmungen zur Übernahme von Rentnerbeständen und rentnerlastigen Beständen in Kraft. Diese Gesetzesänderung wird zum Anlass genommen, die Praxis der Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit Rentnerbeständen und Rentnerübernahmen schriftlich festzuhalten.
Hierfür werden in einem ersten Kapitel die rechtlichen Grundlagen zu Rentnerbeständen in Vorsorgeeinrichtungen dargelegt. Dies umfasst grundlegende Ausführungen zur beruflichen Vorsorge, zur Rechtsbeziehung zwischen Aktivversicherten, Rentnern, Arbeitgebern und Vorsorgeeinrichtungen sowie zur Beständigkeit dieses Rechtsverhältnisses, Ausführungen zum Anschlussvertrag, zur Auflösung eines Anschlussvertrages und den Folgen für die Rentenbezüger sowie zur Gesamtliquidation, Fusion und Vermögensübertragung. In einem zweiten Kapitel geht es um die Umsetzung der Rentnerübernahmen. Es wird aufgezeigt, wie die Aufsichtspraxis aussieht, welche Neuerungen Art. 53ebis BVG mit sich bringt und wie eine Rentnerübernahme nach Art. 53ebis BVG abläuft (Ablaufschema).
Nachfolgend wird das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Rechtsinstituten und den darin verankerten unterschiedlichen Aufgaben der Aufsichtsbehörde aufgezeigt. Es soll eine Anleitung für den Praxisgebrauch sein, um solche Geschäfte in einheitlicher Weise zu handhaben.
Kapitel 1 – Rentnerbestände in Vorsorgeeinrichtungen
1.1 Grundlagen der beruflichen Vorsorge
Berufliche Vorsorge umfasst alle Massnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod, Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben.[1]
Der Zweck einer Vorsorgeeinrichtung ist somit die Erbringung von Leistungen bei Eintritt eines Vorsorgefalles Alter, Tod oder Invalidität. Entsprechend sind auch die Zweckbestimmungen in den Urkunden von Vorsorgeeinrichtungen abgefasst, um die vorsorge- und steuerrechtlichen Aspekte zu erfüllen.
[1] Art. 1 Abs. 1 BVG; BSK Berufliche Vorsorge-HÜRZELER, Art. 1 BVG N 4-6; KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 1 BVG N 7; OFK/BVZ-FZG-VETTER-SCHREIBER, Art. 1 N 1.
Die Grundsätze der beruflichen Vorsorge sind in Art. 1 ff. BVV 2 näher umschrieben. Es sind dies Angemessenheit, Kollektivität, Gleichbehandlung, Planmässigkeit und Versicherungsprinzip. Der beruflichen Vorsorge liegt zudem der Grundsatz der Solidarität zugrunde.[2]
[2]
Urteile Bundesverwaltungsgericht C-3826/2019 und C-3828/2019, Erw. 5.6.2 vom 4. Juni 2024 m.w.H.
Die zweite Säule knüpft systembedingt an ein Arbeitsverhältnis und somit an den Beruf an. Während des aktiven Berufslebens bauen Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber eine entsprechende Vorsorge mittels Sparbeiträgen auf, um nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit eine Altersleistung in Form einer Rente oder eines Kapitals zu beziehen. Während der Aktivzeit besteht zudem ein Risikoschutz bei Todesfall oder Invalidität.
1.2 Rechtsbeziehung zwischen Aktivversicherten, Rentnern, Arbeitgebern und Vorsorgeeinrichtungen
Es besteht ein Dreiecksverhältnis zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten aus Arbeitsvertrag, Anschlussvertrag und Vorsorgevertrag.[3]
Diese Rechtsbeziehungen bilden zentrale Basis für die Umsetzung der beruflichen Vorsorge.
[3] BSK Berufliche Vorsorge-PÄRLI/KÄMPF, Art. 11 BVG N 8 ff.
Die zweite Säule beruht auf einem Ansparprozess während dem aktiven Berufsleben und einem Entsparprozess während dem Rentnerdasein. Es liegt damit in der Natur der beruflichen Vorsorge, dass in einer Vorsorgeeinrichtung Aktivversicherte und Rentner gleichzeitig versichert sind. Das entspricht dem Kapitaldeckungsverfahren und dem Daseinszweck von Vorsorgeeinrichtungen.[4]
Die Vorsorgeeinrichtung bildet somit eine Gemeinschaft mit Solidaritäten von Aktivversicherten und Rentnern, die den Versicherungsgedanken beinhaltet und von der Judikatur bestätigt wird.[5]
[4] EBERLE/PÉREZ, SPV 02/2022, S. 6.
[5] Urteile Bundesverwaltungsgericht C-3826/2019 und C-3828/2019, Erw. 5.6.2 vom 4. Juni 2024.
Personen, bei denen der Vorsorgefall eingetreten ist und welche Rentenleistungen beziehen, können mangels eines Anspruchs auf eine Austrittsleistung grundsätzlich nicht mehr (individuell) die Vorsorgeeinrichtung verlassen.[6]
Diese Regelung hat zur Folge, dass bei Eintritt des Vorsorgefalles die dannzumal zuständige Vorsorgeeinrichtung gestützt auf das Gesetz und die reglementarischen Bestimmungen zur Erbringung von Vorsorgeleistungen gegenüber dem Versicherten verpflichtet ist. Im Falle einer Verpflichtung zur Leistung von Altersrenten bedeutet dies, dass die Vorsorgeeinrichtung, bei welcher der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Pensionierung versichert war, diese auch selber zu erbringen hat und zwar auch bei rückversicherten Rentenansprüchen. Vorbehalten bleibt der Wechsel der Rentner im Falle einer Auflösung eines Anschlussvertrages (vgl. Art. 53e Abs. 4 und 5 BVG).[7]
[6] Urteil Bundesverwaltungsgericht A-5203/2018, Erw. 4.4 vom 19. November 2019 mit Verweis auf BGE 127 V 377, Erw. 5b und BGE 125 V 423, Erw. 4.
[7] Urteil Bundesverwaltungsgericht A-5203/2018, Erw. 4.4 Abs. 2 vom 19. November 2019.
Der Anschlussvertrag des Arbeitgebers mit einer Vorsorgeeinrichtung ist die Rechtsbeziehung, um die berufliche Vorsorge für seine Arbeitnehmer durchzuführen. Es handelt sich um einen Innominatvertrag, der aus dem Recht und der Praxis der beruflichen Vorsorge hervorgegangen ist und als ein Dauervertrag nicht jederzeit gekündigt werden kann.[8]
[8]
KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 11 BVG N 4; Stauffer, Rechtsprechung des Bundesgerichts zur beruflichen Vorsorge, Art. 11 Abs. 1 S. 31.
Das Vorsorgeverhältnis – also die Rechtsbeziehung zwischen Vorsorgeeinrichtung und versicherter Person – kommt mittels Anschlussvertrag zustande. Eine anderweitige Begründung eines Vorsorgeverhältnisses kennt das Gesetz weder in Bezug auf Aktivversicherte noch auf Rentner.
Beim Anschlussvertrag sind weder die Aktivversicherten noch die Rentner Vertragsparteien. Dementsprechend haben sie keine Verfügungsmacht über den Anschlussvertrag bzw. das Vorsorgeverhältnis. Die Verfügungsmacht steht ausschliesslich dem Arbeitgeber und der Vorsorgeeinrichtung (als Vertragsparteien) zu, wobei den Arbeitnehmern – nicht aber den Rentnern – beim Wechsel der Vorsorgeeinrichtung ein Mitbestimmungsrecht zukommt.[9]
[9] Art. 11 Abs. 3bis BVG; BGE 146 V 169.
Die rechtliche Beziehung eines Rentners zu einer Vorsorgeeinrichtung entsteht also mittels des Anschlussvertrages zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung. Dabei werden entweder ausschliesslich Aktivversicherte, welche später Rentenansprüche erwerben, einer Vorsorgeeinrichtung angeschlossen oder der Arbeitgeber schliesst zusammen mit den Aktivversicherten auch die Rentner einer Vorsorgeeinrichtung an.
Ein neuer Anschlussvertrag ausschliesslich für Rentner sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr ist ein Anschlussvertrag hinsichtlich eines reinen Rentnerbestandes gesetzlich nur dann vorgesehen, wenn die Aktivversicherten die Vorsorgeeinrichtung verlassen und die Rentner zurückgelassen werden (Art. 53e Abs. 6 BVG). Der Arbeitgeber kann sich daher in diesem Fall in Bezug auf die Rentner keiner neuen Vorsorgeeinrichtung anschliessen.[10] Dies gilt auch für die überobligatorische berufliche Vorsorge (vgl. Art. 89a Abs. 6 Ziff. 10 ZGB). Einem solchen Anschlussvertrag würde auch Art. 11 Abs. 1 BVG entgegenstehen. Diese Bestimmung lässt Anschlussverträge nur in Bezug auf Aktivversicherte zu, wobei die Rentner je nachdem mit übertragen werden (vgl. Art. 53e Abs. 6 BVG). Dies ist vom Gesetzgeber so gewollt, denn bei den Rentenbezügern ist die Durchführung der beruflichen Vorsorge im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BVG (bzw. der Sparprozess) abgeschlossen (vgl. oben). Die Befugnis und die Pflicht eines Arbeitgebers, einen Anschlussvertrag abzuschliessen, entfällt deshalb. Der einzige Anschlussvertrag, der in diesem Fall besteht und relevant ist, ist derjenige, der sich auf Art. 53e Abs. 6 BVG stützt.
[10] BGE 135 V 261, Erw. 4.2, wonach sich Art. 53e Abs. 6 Satz 1 BVG nicht auf diejenigen Bestimmungen beziehen kann, welche die Rechtsfolgen einer Auflösung des Anschlussvertrages regeln.
An der Unübertragbarkeit des soeben erwähnten Rechtsverhältnisses ändert nichts, wenn der Arbeitgeber nicht mehr besteht (bzw. liquidiert worden ist und keine Rechtsnachfolge stattfindet). Ganz im Gegenteil: Für den Abschluss eines Anschlussvertrages bedarf es zwingend eines Arbeitgebers. Nach der Liquidation eines Arbeitgebers können in dessen Namen konsequenterweise keine Anschlussverträge mehr abgeschlossen werden.
Wird der Anschlussvertrag wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aufgelöst, so bleiben die Rentenbezüger bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung (Art. 16b BVV 2).
Die Vorsorgeeinrichtung und die Rentner können von vornherein keine Anschlussverträge mit andern Vorsorgeeinrichtungen abschliessen, weshalb von diesen das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis nicht übertragen werden kann (vgl. auch nachfolgend).
1.3 Anschlussvertrag als Vertrag zugunsten Dritter und Rentenanspruch
Der Anschlussvertrag ist ein echter Vertrag zugunsten Dritter, kraft gesetzlicher Anordnung i.S.v. Art. 112 Abs. 2 OR.[11]
Der Arbeitgeber schliesst sich mit diesem Vertrag einer Vorsorgeeinrichtung an. Im Gegenzug verpflichtet sich die Vorsorgeeinrichtung gegenüber dem Arbeitgeber, die Vorsorge zu Gunsten seiner Arbeitnehmer durchzuführen und den versicherten Personen im Rahmen des Gesetzes und der Reglemente Leistungen zu erbringen. Die Versicherten (somit auch die Rentenbezüger) erhalten dabei ein eigenes Forderungsrecht gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. Anders ausgedrückt sind der Arbeitgeber Gläubiger, die Vorsorgeeinrichtung Schuldnerin und die Versicherten oder Rentenbezüger Drittbegünstigte.
[11] BSK OR I-ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 112 N 11 m.w.H.
Beim Rentenanspruch handelt es sich um einen sich aus dem Gesetz ergebenden lebenslangen Leistungsanspruch gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. Dieser Anspruch steht dem Rentenbezüger gegenüber der Vorsorgeeinrichtung direkt zu. Es handelt sich mithin um eine Forderung aus eigenem Recht. Der Rentner als Gläubiger der Rentenleistung besitzt nur über diese die Verfügungsmacht (mithin die Forderung).
Eine Vorsorgeeinrichtung ist und bleibt als Rechtsträgerin in der Verantwortung, um ihre Verpflichtungen gegenüber den Dritten, d.h. den Rentnern, zu erfüllen. Sobald Rentenleistungen erbracht werden, kann der Gläubiger (Arbeitgeber) den Schuldner (Vorsorgeeinrichtung) nicht mehr entbinden (Art. 112 Abs. 3 OR). Die Vertragspartner verlieren mit der Erklärung des Dritten ihre Widerrufsmöglichkeit.[12]
Ausserhalb eines Anschlussvertrages ist es nicht möglich, dass eine Vorsorgeeinrichtung ihre laufenden Verpflichtungen selbständig auf eine andere Vorsorgeeinrichtung übertragen kann. Das wäre eine externe Schuldübernahme und eine solche ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 176 OR möglich.[13]
[12] BSK OR I-ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 112 N 18.
[13] BSK OR I-TSCHÄNI, Art. 176 N 5.
Es bleibt aber möglich, dass ein Anschlussvertrag von den Parteien (Vorsorgeeinrichtung und Arbeitgeber) gekündigt wird und für diesen Fall sehen Vertrag und Gesetz differenzierte Regelungen vor (Art. 53e BVG). Sie gehen dann als lex specialis vor (dazu sogleich).
Da die einzige Übertragungsmöglichkeit von Rentnern auf der Basis eines Anschlussvertrages besteht (Art. 11 BVG und Art. 53e BVG), liegt ein Verstoss gegen Art. 112 Abs. 3 OR vor, falls ohne einen solchen Anschlussvertrag Rentnerbestände auf eine neue Vorsorgeeinrichtung übertragen werden. Denn andere gesetzliche Abweichungen von Art. 112 Abs. 3 OR sind nicht vorhanden.
Es kommt hinzu, dass die Rentner nur im Rahmen des Gesetzes und der Reglemente über ihre persönlichen Rechtsansprüche gegen die Vorsorgeeinrichtung verfügen können. Sie können jedoch nicht in das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung eingreifen. Demzufolge können sie auch nicht einer Übertragung des Rechtsverhältnisses zwischen ihnen und der Vorsorgeeinrichtung zustimmen bzw. diese herbeiführen.
1.4 Beständigkeit des Rechtsverhältnisses zwischen den Rentenbezügern und der Vorsorgeeinrichtung aus leistungsrechtlicher Sicht
Die Leistungspflichten der Vorsorgeeinrichtungen bzw. das Forderungsrecht der Rentner ergeben sich bezogen auf Höhe und Dauer der Leistungen aus dem Gesetz (Obligatorium) oder dem Reglement (Überobligatorium). Das Gesetz verpflichtet die Vorsorgeeinrichtung zur lebenslangen Zahlung (vgl. Art. 1 Abs. 1 BVG; Art. 13 Abs. 1 BVG; Art. 37 Abs. 1 BVG), von welcher sie nur durch einen neuen Anschlussvertrag des Arbeitgebers gegebenenfalls befreit werden kann. Falls der Arbeitgeber nicht mehr existiert, ist keine Änderung am Anschlussvertrag mehr möglich. Die Vorsorgeeinrichtung bleibt diesfalls bis zum Tod des Rentners leistungspflichtig und hat danach allfällige anwartschaftliche Hinterlassenenleistungen zu erbringen. Sie kann sich von ihren Leistungspflichten nicht dadurch befreien, dass sie mit einer anderen Vorsorgeeinrichtung einen Rentnerübertragungsvertrag abschliesst. Dafür besteht keine gesetzliche Grundlage bzw. dies verstösst gegen geltendes Recht (vgl. oben).
Dasselbe gilt für das Überobligatorium, wobei hier die Leistungspflicht auf einem Reglement statt dem Gesetz beruht. Soweit auch zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem Rentner ein Vertragsverhältnis besteht (Innominatvertrag),[14]
kann darüber ohnehin nicht verfügt werden, weil weder die Rentner ein Wahlrecht in Bezug auf die Vorsorgeeinrichtung haben noch die Vorsorgeeinrichtungen die rechtliche Befugnis besitzen, die Rentner an eine andere Vorsorgeeinrichtung zu übertragen. Hierfür bedarf es auch im Überobligatorium eines Anschlussvertrages (vgl. oben sowie Art. 53e Abs. 6 BVG i.V.m. Art. 89a Abs. 6 Ziff. 10 ZGB).
[14]
KRAUSKOPF, Der Vertrag zugunsten Dritter, Diss. 1999, Rz 783.
1.5 Auflösung des Anschlussvertrages und Folgen für die Rentenbezüger
Im Anschlussvertrag sind normalerweise auch Regelungen zur Auflösung des Vertrages enthalten wie Kündigungsfristen und Verbleib oder Wechsel der Rentenbezüger.[15] Das Einverständnis des Personals zur Auflösung eines bestehenden Anschlussvertrages und der Wiederanschluss an eine Vorsorgeeinrichtung durch den Arbeitgeber ist für die Durchführung der obligatorischen Vorsorge und faktisch auch für das Überobligatorium bei umhüllenden Vorsorgelösungen explizit erforderlich.[16] Rentenbezüger haben keine Mitspracherechte zum Wechsel des Vorsorgeträgers, weshalb sie ein besonders schutzwürdiges Interesse haben und der Gesetzgeber daher in Art. 53e BVG differenzierte Regelungen für die Rentenbezüger vorsieht.[17]
Diese Bestimmung gilt gemäss Art. 89a Abs. 6 Ziff. 10 ZGB auch bei rein überobligatorischen Vorsorgeeinrichtungen.
[15] Art. 53e BVG; EBERLE/PÉREZ, SPV 02/2022, S. 7; BSK Berufliche Vorsorge-PETER, Art. 53e BVG N 44 ff.; KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 53e BVG N 17 ff.
[16] Art. 11 Abs. 3bis BVG; BGE 9C_409/2019 vom 5. Mai 2020; BSK Berufliche Vorsorge-PÄRLI/KÄMPF, Art. 11 BVG N 34 ff.; KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 11 N 8 ff.; OFK/BVZ-FZG-VETTER-SCHREIBER, Art. 11 N 10.
[17] KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 11 BVG N 19; EBERLE/PÉREZ, SPV 02/2022, S. 7.
Je nachdem welche vertragliche Regelung im Anschlussvertrag vorgesehen ist und von welcher Partei (Vorsorgeeinrichtung oder Arbeitgeber) die Kündigung ausgeht, wechseln die Rentenbezüger mit den Aktivversicherten zur neuen Vorsorgeeinrichtung oder sie verbleiben (ohne die Aktivversicherten) in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung.[18]
Ein Wechsel der Rentenbezüger ist nur dann möglich, wenn sich die neue Vorsorgeeinrichtung bereit erklärt, die Rentenbezüger zu den gleichen Bedingungen weiterzuführen.[19]
Anschlussvertrag und Gesetz bilden somit ein systematisches Ganzes, um die unterschiedlichen Sachverhalte bei der Auflösung von Anschlussverträgen zu klären.
[18] BGE 135 V 261, Erw. 4.2.
[19] Art. 53e Abs. 4, 4bis und 5 BVG.
Eine Trennung von Aktivversicherten und Rentenbezügern hat schliesslich zur Folge, dass das eingangs beschriebene Dreiecksverhältnis als Basis durchbrochen wird. Die Rechtsbeziehungen greifen nicht mehr vollumfänglich. Der zurückgelassene Rentnerbestand ist für sich nicht risikofähig und kann de facto nicht mehr saniert werden. Das ist ein erhebliches finanzielles und strukturelles Risiko für eine Vorsorgeeinrichtung. Es muss somit im Interesse einer Vorsorgeeinrichtung liegen, dass keine Rentnerbestände bei ihr zurückbleiben und schon gar nicht solche, die nicht genügend finanziert sind oder die unrealistische, d.h. nicht den tatsächlichen finanziellen Gegebenheiten entsprechende Bewertungsannahmen beinhalten. Deshalb ist in der Regel im Anschlussvertrag festgehalten, dass die Rentenbezüger bei Auflösung des Anschlussvertrages die Vorsorgeeinrichtung auch verlassen. Umgekehrt laufen die Regelungen von Art. 53e BVG darauf hinaus, dass kaum eine Vorsorgeeinrichtung Rentner übernehmen wird, wenn das notwendige Deckungskapital nicht vorgängig gesichert ist.[20]
[20] BGE 140 V 22, Erw. 6.2.
Da die Auflösung eines Anschlussvertrages in der Regel vom Arbeitgeber initiiert wird, kann aus Art. 53e Abs. 4bis BVG geschlossen werden, dass ein Zusammenbleiben der Aktivversicherten und Rentner als übergeordneter Grundsatz gelten soll. Gibt es keine Bestätigung einer neuen Vorsorgeeinrichtung, dass sie die Rentenbezüger zu den gleichen Bedingungen übernimmt, dann ist das Kündigungsrecht eingeschränkt. Das Zusammenbleiben von Aktivversicherten und Rentnern hat somit einen höheren Stellenwert als das einseitige Kündigungsrecht des Arbeitgebers mit Zustimmung der Arbeitnehmer. Der Gesetzgeber nimmt in Kauf, dass ein Arbeitgeber, auch wenn er die Bedingungen der bisherigen Vorsorgeeinrichtung als unbefriedigend betrachtet, unter Umständen bei dieser Vorsorgeeinrichtung verbleiben muss.[21]
[21]
BGE 140 V 22, Erw. 6.2; Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. Mai 2005 zur parlamentarischen Initiative «Wechsel der Vorsorgeeinrichtung», BBl 2005 5941, 5944 Ziff. 2.2.
Wie oben dargelegt, wird in der Praxis üblicherweise und als Regelfall vertraglich vorgesehen, dass bei einer Auflösung von Anschlussverträgen auch die Rentner mit den Aktivversicherten in die neue Vorsorgeeinrichtung zu wechseln haben. Wenn das nicht möglich ist, dann ist auch die Kündigung durch den Arbeitgeber nicht möglich (Art. 53e Abs. 4bis BVG). Es soll zu keiner missbräuchlichen Risikoselektion kommen.[22]
[22] BGE 140 V 22, Erw. 6.2, Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. Mai 2005 zur parlamentarischen Initiative «Wechsel der Vorsorgeeinrichtung», BBl 2005 5941, 5943 Ziff. 2.1., Kommissionsbericht: «Vorgebeugt werden sollte ebenfalls einer Risikoselektion, bei der die Arbeitgeber versuchen, häufig die Vorsorgeeinrichtung zu wechseln und beim Wechsel immer nur die Aktiven mitnehmen, die sie zu besseren Konditionen versichern können als den gesamten bisherigen Versichertenbestand.»
Kündigt die Vorsorgeeinrichtung den Anschlussvertrag, dann haben sich die bisherige und die neue Vorsorgeeinrichtung über den Verbleib der Rentenbezüger zu einigen (Art. 53e Abs. 5 BVG). Im Unterschied zum Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber (Abs. 4) wurde hier kein Vorbehalt der anschlussvertraglichen Regelung aufgenommen; die zwingende Regelung des BVG (Verbleib bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung) sollte vorgehen, wenn sich die Vorsorgeeinrichtungen nicht einigen können. Damit sollte vermieden werden, dass die Rentenbezüger die Leidtragenden sind, wenn die Vorsorgeeinrichtung den Vertrag kündigt, weil z.B. der Arbeitgeber die Beiträge nicht mehr bezahlt.[23]
Für diesen Fall (Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers) wurde mit Art. 53e Abs. 7 BVG eine Gesetzesdelegation an den Bundesrat vorgesehen, welche mit Art. 16b BVV 2 geklärt ist (siehe unten).
[23] BGE 135 V 261, Erw. 4.3.3.
Verbleiben die Rentenbezüger aber in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, dann besteht der Anschlussvertrag für die Rentenbezüger weiter (Art. 53e Abs. 6 BVG). Der Arbeitgeber und die Vorsorgeeinrichtung sind weiterhin Vertragsparteien.
Aufgrund dieser Systematik kann sich die Bestimmung in Art. 53e Abs. 6 Satz 1 BVG, wonach der Anschlussvertrag mit der bisherigen Vorsorgeeinrichtung in Bezug auf die Rentenbezüger weiter bestehen bleibt, nur auf diejenigen Bestimmungen des Anschlussvertrages beziehen, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten während der Geltungsdauer dieses Vertrages regeln, aber nicht auf diejenigen Bestimmungen, welche die Rechtsfolgen einer Auflösung des Vertrags regeln; diese Bestimmungen sind nur (gemäss Abs. 4) im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber anwendbar.[24]
Dieser sich aus Wortlaut und Systematik ergebende Sinn wird auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt.[25]
[24] BGE 135 V 261, Erw. 4.2.
[25] BGE 135 V 261, Erw. 4.3 m.w.H.
Das Kündigungsrecht für einen Anschlussvertrag mit einem zurückgebliebenen Rentnerbestand gemäss Art. 53e Abs. 6 BVG besteht damit für die Zukunft nicht mehr. Denn wie dargelegt kann der Arbeitgeber nur einen Anschlussvertrag abschliessen, wenn dieser gleichzeitig auch die Aktivversicherten beschlägt (vgl. oben). Diese Schlussfolgerung ist richtig, weil nur damit die Schutzvorschriften von Art. 53e BVG für die Rentenbezüger erhalten bleiben. Im Rahmen der neuen Bestimmung von Art. 53ebis BVG (siehe nachfolgend) wird auch der Rechtsprechung zu Art. 53e BVG die nötige Beachtung zu schenken sein.
Wird der Anschlussvertrag wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aufgelöst, so bleiben die Rentenbezüger bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung; diese richtet die laufenden Renten entsprechend den bisherigen reglementarischen Bestimmungen weiter aus (Art. 16b BVV 2 i.V.m. Art. 53e Abs. 7 BVG). Auch aus dieser Bestimmung wird die Intention des Verordnungsgebers ersichtlich, dass die bisherige Vorsorgeeinrichtung gegenüber den Rentenbezügern in der Pflicht bleibt, auch wenn es den Arbeitgeber (und Vertragspartner im Anschlussvertrag) nicht mehr gibt.
Fazit: Bei Auflösung eines Anschlussvertrages und einem Austritt der Aktivversicherten sind unterschiedliche vertragliche und gesetzliche Regelungen betreffend Wechsel oder Verbleib der Rentenbezüger in der Vorsorgeeinrichtung vorgesehen. Wenn die Rentenbezüger nicht zur neuen Vorsorgeeinrichtung wechseln, dann verbleiben sie in der bisherigen und der Anschlussvertrag gilt für sie weiterhin.
1.6 Gesamtliquidation, Fusion und Vermögensübertragung
Eine Vorsorgeeinrichtung ist für ihre Zweckerfüllung auf Langfristigkeit ausgerichtet. Sie nimmt Spargelder als Vorsorgemittel entgegen und baut damit während dem Berufsleben ihrer Destinatäre deren Vorsorge auf. Die Alters- und Hinterlassenenleistungen sind lebenslänglich zu erbringen. Somit ist es systembedingt erforderlich, dass eine Vorsorgeeinrichtung auf unbestimmte Dauer besteht.
Dennoch ist in der Realität feststellbar, dass – insbesondere betriebliche – Vorsorgeeinrichtungen aufgehoben werden und somit ihre eigenständige Tätigkeit aufgeben. Das kann mehrere Gründe haben: Beispielsweise kann es seitens Arbeitgeber Veränderungen geben, welche die Selbständigkeit als Unternehmen betreffen. Betriebsteile werden verkauft oder ganze Gesellschaften werden übernommen. Arbeitnehmer scheiden aus und werden nicht mehr ersetzt. Versichertenbestände können schrumpfen. Das Schicksal einer Vorsorgeeinrichtung oder eines Vorsorgewerks ist stark mit jenem des Arbeitgebers verknüpft.[26]
[26] KoSS-SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, Art. 53c BVG N 3; OFK/BVZ-FZG-VETTER-SCHREIBER, Art. 53b N 1.
All das kann dazu führen, dass eine Weiterführung als selbständige Vorsorgeeinrichtung[27] in Frage gestellt wird. Eine Zweckerfüllung kann erschwert oder unmöglich sein und deshalb können zur Wahrung der Interessen der Destinatäre Veränderungen geboten sein.
[27] Art. 56 Abs. 3 BVG beinhaltet eine Zuständigkeit des Sicherheitsfonds, wenn zahlungsunfähige Vorsorgewerke von wirtschaftlich oder finanziell nicht eng verbundenen Arbeitgebern existieren.
Es liegt in der Kompetenz eines Stiftungsrates, im Rahmen der geltenden Stiftungsurkunde darüber zu entscheiden, ob er aus nachvollziehbaren Gründen eine Gesamtliquidation (Art. 53c BVG) mit Singularsukzession oder eine Fusion (Art. 88 ff. FusG) seiner Vorsorgeeinrichtung beschliessen will, was mit einer entsprechenden Antragstellung an die zuständige Aufsichtsbehörde verbunden ist.
Zentral ist bei einer Gesamtliquidation mit Singularsukzession oder einer Fusion, dass der Vorsorgezweck sowie die Rechte und Ansprüche der Destinatäre weiterhin gewahrt bleiben. Für die Destinatäre darf ein solcher Vorgang nicht nachteilig sein.
Im Ergebnis führt eine Gesamtliquidation mit Singularsukzession oder eine Fusion dazu, dass sämtliche Destinatäre und ihre Vorsorgemittel die bisherige Vorsorgeeinrichtung verlassen. Die reglementarische Vorsorge der Aktivversicherten und Rentenbezüger ist auf eine andere Vorsorgeeinrichtung zu übertragen. Die Anschlussverträge werden erneuert. Für ungebundene Mittel ist ein Verteilungsplan zu erstellen. Es gilt der Grundsatz, dass das Personalvorsorgevermögen den Destinatären zu folgen hat.[28]
[28] BSK Berufliche Vorsorge-MÜLLER/RUFF RUDIN/DEGEN, Vor Art. 53b-53d BVG N 1 ff.
Fazit: Eine Gesamtliquidation mit Singularsukzession oder eine Fusion führen dazu, dass auch Rentenbezüger ihre Vorsorgeeinrichtung verlassen und zu einer anderen Vorsorgeeinrichtung wechseln. Dies erfolgt im Rahmen eines neuen Anschlussvertrages falls ein Arbeitgeber vorhanden ist oder – falls kein Arbeitgeber mehr besteht – gestützt auf das Liquidationsrecht mittels einer Übertragung auf eine neue Vorsorgeeinrichtung durch die zu liquidierende Vorsorgeeinrichtung.
Kapitel 2 – Umsetzung Rentnerübernahmen
2.1 Aufsichtspraxis
Der Fokus der Aufsichtstätigkeit liegt in der Überwachung eines nachhaltigen finanziellen Gleichgewichts bei den Vorsorgeeinrichtungen und darin, ob die Destinatärsinteressen gewahrt sind. Bei der Prüfung und Genehmigung von Rentnerübernahmen ist auf diese beiden Aspekte ein besonderes Augenmerk zu richten.
Die Aufsichtsbehörde nimmt nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Validierung der finanziellen Stabilität vor. Sie nimmt eine vertiefte Prüfung der Beurteilung für eine genügende Finanzierung vor. Stellt sie Auffälligkeiten fest, müssen diese von der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung und deren Experte für berufliche Vorsorge plausibel erklärt werden. Im Ergebnis muss ein Rentnerbestand eine marktnahe Bewertung erfahren und die Wertschwankungsreserven müssen für einen strukturell nicht risikofähigen Bestand angemessen sein. Das Primat der jederzeitigen finanziellen Sicherheit gilt in diesen Fällen ganz besonders (Art. 65 BVG).
Die Übernahme von Rentnerbeständen gemäss Art. 53ebis BVG geschieht aus einem bestimmten Grund. Die oben geschilderten Sachverhalte bei Auflösung von Anschlussverträgen, Gesamtliquidationen oder Fusionen von Vorsorgeeinrichtungen sind offensichtlich und fallen – je nach Anteil Rentendeckungskapitalien – darunter. Sie sind aus Aufsichtsperspektive kaum problematisch, solange die Bewertungen adäquat sind, die notwendigen Mittel vorhanden und tatsächlich übertragen werden. Damit gehen Vermögen und Verpflichtungen für die Rentenbestände auf einen neuen Rechtsträger über.
Stiftungsratsentscheide für Verschiebungen von Rentnerbeständen aus anderen Gründen, beispielsweise zur Strukturverbesserung oder zur finanziellen Entlastung einer Vorsorgeeinrichtung, erachten die Aufsichtsbehörden hingegen aus heutiger Sicht und mit Blick auf das geltende Recht als kritisch. Hierfür bedürfte es einer klaren gesetzlichen Grundlage, welche gemäss den obigen Ausführungen nicht ersichtlich ist. Es gilt daher, solche Fälle eingehend zu prüfen und zu beurteilen, insbesondere unter dem Aspekt einer missbräuchlichen Bildung oder Verschiebung von Rentnerbeständen.[29]
Das Dreiecksverhältnis von Vorsorgeeinrichtung, Arbeitgeber und Versicherten darf nicht geschwächt werden. Sachverhalte, die sich in ähnlicher Weise bei Vorsorgewerken oder Solidargemeinschaften von Sammeleinrichtungen ergeben können, werden in analoger Weise von der Aufsichtsbehörde überprüft.
[29]
Botschaft des Bundesrats vom 20. November 2019 (Modernisierung der Aufsicht), BBl 2020 S. 45.
2.2 Neuerungen mit Art. 53ebis BVG
Seit dem 1. Januar 2024 sind neue gesetzliche Bestimmungen zur Übernahme von Rentnerbeständen in Kraft (Art. 53ebis BVG sowie Art. 17 und 17a BVV 2). Die neuen Bestimmungen bezwecken, missbräuchliche Geschäftsmodelle einzudämmen. Es soll verhindert werden, Rentnerbestände zu «kaufen», für diese übersetzte Verwaltungs- oder Vermögensverwaltungskosten zu verlangen und damit das ohnehin ungenügende Substrat für die Deckung der Vorsorgeverpflichtungen noch weiter zu reduzieren.[30]
[30] Botschaft Modernisierung der Aufsicht, BBl 2020 S. 45.
Die neuen Bestimmungen regeln das Verfahren bei der Übernahme von Rentnerbeständen und rentnerlastigen Beständen (Art. 53ebis Abs. 1 und 2 BVG), definieren was als rentnerlastiger Bestand gilt (Art. 53ebis Abs. 5 lit. a BVG i.V.m. Art. 17 BVV 2) und regeln die Anforderungen an die Finanzierung von zu übertragenden Rentenverpflichtungen (Art. 53ebis Abs. 5 lit. b BVG i.V.m. Art. 17a BVV 2). Weiter regeln sie die Überwachung von übertragenen Beständen durch die Aufsichtsbehörden (Art. 53ebis Abs. 3 f. BVG).
Die neuen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen sind nicht anwendbar auf die Bildung bzw. Entstehung von Rentnerbeständen,[31]
stellen also keine neue rechtliche Grundlage für eine Trennung von Aktivversicherten und Rentnern dar. So ist denn auch die Bestimmung von Art. 53ebis BVG (Übernahme von Rentnerbeständen) systematisch unmittelbar nach den Bestimmungen zur Teil- und Gesamtliquidation (Art. 53b ff. BVG) und zur Auflösung von Verträgen (Art. 53e BVG) eingebettet. Die neue Norm hat somit einen engen Konnex zur Auflösung von Verträgen. Die möglichen Sachverhalte und damit die rechtlichen Voraussetzungen für eine Rentnerübertragung bleiben also unverändert. Neu geregelt worden sind bloss – aber immerhin – die finanziellen Voraussetzungen und das Verfahren, wenn es zu einer Rentnerübernahme kommt.
[31] Botschaft Modernisierung der Aufsicht, BBl 2020 S. 45; Erläuterungen des BSV vom 22. November 2023 zu den Verordnungsänderungen (Modernisierung der Aufsicht), Ziff. 4.7, in: BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 162 Rz 1117.
Die Übertragung eines Bestandes infolge Auflösung eines Anschlussvertrages mit Aktivversicherten und Rentnern richtet sich nach den Bestimmungen über den Anschlusswechsel i.S.v. Art. 53e BVG. Der Anschlusswechsel kann auch im Zusammenhang mit einer Gesamtliquidation (Art. 53c BVG) mit Singularsukzession oder eine Fusion (Art. 88 ff. FusG) stehen. Die Aufsichtsbehörde der übertragenden Vorsorgeeinrichtung darf der Gesamtliquidation mit Singularsukzession oder der Fusion nur zustimmen, wenn die übernehmende Aufsichtsbehörde die Übertragung des Rentnerbestandes genehmigt hat.[32] Es kann auf die Ausführungen in Kapitel 1 oben verwiesen werden. Ist dieser Bestand rentnerlastig, sind die neuen Bestimmungen somit ergänzend anwendbar.
[32] Botschaft Modernisierung der Aufsicht, BBl 2020 S. 86.
Die spätere Auflösung eines Anschlussvertrages nach Art. 53e Abs. 6 BVG für einen zurückgelassenen reinen Rentnerbestand ist nur beschränkt möglich (siehe Kapitel 1). Typischerweise ist dies bei einer Gesamtliquidation oder Fusion einer Vorsorgeeinrichtung der Fall.
Nachfolgend wird das Verfahren für die Übernahme von Rentnerbeständen und rentnerlastigen Beständen konkretisiert (dazu nachfolgendes Ablaufschema).
2.3 Ablaufschema bei Gesamtliquidation und Fusion in Verbindung mit Art. 53ebis BVG
1. Gesuch der übergebenden Vorsorgeeinrichtung an ihre Aufsichtsbehörde
- um Liquidation oder um Fusion mit einer anderen Vorsorgeeinrichtung
- um Vorprüfung der Übertragung der reglementarischen Vorsorge (Art. 53c BVG bzw. Art. 95 FusG)
unter Beilage
- der erforderlichen Liquidations- oder Fusionsunterlagen
- der Beurteilung durch den Experten der übergebenden Vorsorgeeinrichtung, dass der Bestand rentnerlastig ist (Art. 17 Abs. 3 BVV 2).
2. Prüfung durch die Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung,
- ob die Voraussetzungen für die Liquidation
erfüllt sind,
➡ Verfügung In-Liquidationssetzung - oder ob die Fusion grundsätzlich genehmigt
werden kann,
➡ Vorprüfung zur Fusionsverfügung (Ziff. 6) - ob die reglementarischen Vorsorge grundsätzlich übertragen werden kann,
➡ Vorprüfung zur Genehmigung Vermögensübertragung (Art. 53c BVG) (Ziff. 6)
Mitteilung an
- die übergebende Vorsorgeeinrichtung
- die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung
- um Genehmigung der Übernahme des Rentnerbestandes oder des rentnerlastigen Bestandes
unter Beilage
- der Beurteilung durch den Experten der übergebenden Vorsorgeeinrichtung, dass der Bestand rentnerlastig ist (Art. 17 Abs. 3 BVV 2), und
- der Beurteilung durch den Experten der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung, dass der Bestand ausreichend finanziert ist (Art. 17a Abs. 5 BVV 2)
4. Abschluss des (eventuell vorgeprüften) Übernahmevertrags
durch beide Vorsorgeeinrichtungen
➡ Zustellung an beide Aufsichtsbehörden
5. Prüfung durch die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung,
- ob die finanziellen Bedingungen für die Übernahme erfüllt sind,
➡ Genehmigungsverfügung (Art. 53ebis Abs. 2 BVG).
Mitteilung an
- beide Vorsorgeeinrichtungen
- die Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung (nach Rechtskraft)
6. Prüfung durch die Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung,
- ob die Voraussetzungen für die Übertragung der gesamten reglementarischen Vorsorge bzw. der Fusion erfüllt sind
➡ Verfügung Genehmigung Vermögensübertragung (Art. 53c BVG) bzw. Fusion (Art. 95 FusG)
Mitteilung an
- beide Vorsorgeeinrichtungen
- die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung (nach Rechtskraft)
7. Vollzug durch beide Vorsorgeeinrichtungen
- der Übertragung und Übernahme des Rentnerbestandes oder des rentnerlastigen Bestandes,
nach Vorliegen
- der rechtskräftigen Genehmigungsverfügung (Art. 53ebis Abs. 2 BVG) der Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung und
- der rechtskräftigen Verfügung Genehmigung Vermögensübertragung (Art. 53c BVG) bzw. Fusion (Art. 95 FusG) der Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung
8. Erlass der Schlussverfügung (Löschung bzw. Aufhebung) durch die Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung im Falle der Liquidation (Art. 53c BVG bzw. Art. 95 Abs. 4 FusG i.V.m. Art. 97 Abs. 1 Bst. f HRegV)
9. Überwachung durch die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung (Art. 53ebis Abs. 3 BVG)
2.4 Ablaufschema bei Anschlusswechsel in Verbindung mit Art. 53ebis BVG
1. Prüfung durch den Experten der übergebenden Vorsorgeeinrichtung,
- ob der Bestand rentnerlastig
ist
➡ Beurteilung (Art. 17 Abs. 3 BVV 2)
➡ Mitteilung an die übergebende Vorsorgeeinrichtung
2. Gesuch der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung an ihre Aufsichtsbehörde
- um Genehmigung der Übernahme des rentnerlastigen Bestandes
➡ unter Beilage
der Beurteilung durch den Experten der übergebenden Vorsorgeeinrichtung, dass der Bestand rentnerlastig ist (Art. 17 Abs. 3 BVV 2), und
der Beurteilung durch den Experten der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung, dass der Bestand ausreichend finanziert ist (Art. 17a Abs. 5 BVV 2)
3. Abschluss des (eventuell vorgeprüften) Übernahmevertrags durch beide Vorsorgeeinrichtungen
➡ Zustellung an übernehmende Aufsichtsbehörde
4. Prüfung durch die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung,
- ob die finanziellen Bedingungen für die Übernahme erfüllt sind,
➡ Genehmigungsverfügung (Art. 53ebis Abs. 2 BVG)
➡ Mitteilung an
beide Vorsorgeeinrichtungen
die Aufsichtsbehörde der übergebenden Vorsorgeeinrichtung (nach Rechtskraft)
5. Vollzug durch beide Vorsorgeeinrichtungen
der Übertragung und Übernahme des rentnerlastigen Bestandes,
➡ nach Vorliegen
der rechtskräftigen Genehmigungsverfügung (Art. 53ebis Abs. 2 BVG) der Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung
6. Überwachung durch die Aufsichtsbehörde der übernehmenden Vorsorgeeinrichtung (Art. 53ebis Abs. 3 BVG)