Allgemeine Hinweise zur Jahresberichterstattung von klassischen Stiftungen
Buchführung und Rechnungslegung
Das oberste Stiftungsorgan hat die Geschäftsbücher sinngemäss entsprechend den Vorschriften des Obligationenrechts über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung zu führen (Art. 83a ZGB) [Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210)].
Die für Stiftungen massgebenden Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften befinden sich in den Artikeln 957 ff. OR [Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR, SR 220)].
Gemäss diesen Vorschriften bildet die Buchführung die Grundlage der Rechnungslegung und muss ordnungsgemäss geführt werden (Art. 957a OR). Die Rechnungslegung soll die wirtschaftliche Lage der Stiftung so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können (Art. 958 Abs. 1 OR); sie erfolgt im Geschäftsbericht (also der Jahresrechnung), enthaltend Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang (Art. 958 Abs. 2 OR).
Die Mindestgliederung von Bilanz (Art. 959a OR) und Erfolgsrechnung (Art. 959b OR) ist gesetzlich vorgeschrieben und die Erstellung eines Anhangs (Art. 959c OR) ist zwingend erforderlich. Aktiven und Verbindlichkeiten sollen in der Regel einzeln und vorsichtig bewertet werden (Art. 960 OR).
Diese Bestimmungen müssen seit dem Geschäftsjahr 2015 angewendet werden (Ausnahme: die Bestimmungen zur Konzernrechnung, anwendbar spätestens ab dem Geschäftsjahr 2016).
Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision (siehe unter Revision) verpflichtet sind, haben im Anhang zusätzliche Angaben (betreffend langfristige verzinsliche Verbindlichkeiten, Honorar der Revisionsstelle) zu machen, eine Geldflussrechnung zu erstellen und einen Lagebericht zu verfassen (Art. 961 OR).
Gestützt auf Artikel 962 Absatz 1 Ziffer 3 OR müssen diese Stiftungen zusätzlich zur Jahresrechnung nach Obligationenrecht einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung (für gemeinnützige Stiftungen oft: Swiss GAAP FER 21) erstellen. Die Notwendigkeit der Erstellung eines zusätzlichen Abschlusses nach einem anerkannten Standard (sog. dualer Abschluss) ist im Einzelfall zu prüfen. Wir empfehlen, diese Frage frühzeitig mit der Revisionsstelle zu klären.
Für Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind (siehe dazu weiter unten Befreiung von der Revisionspflicht), gelten erleichterte Anforderungen. Sie müssen mindestens über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch führen (Art. 957 Abs. 2 OR).
Revision
Revisionspflicht
Das oberste Stiftungsorgan ist verpflichtet, eine Revisionsstelle zu bezeichnen (Art. 83b Abs. 1 ZGB). Die Revisionsstelle ist im Handelsregister einzutragen (Art. 95 Abs. 1 Bst. m HRegV) [Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV, SR 221.411)].
Für die Revision von Stiftungen gelten die Vorschriften des Obligationenrechts über die Revisionsstelle bei Aktiengesellschaften und damit Artikel 727 ff. OR (Art. 83b Abs. 3 ZGB). Somit richtet sich insbesondere auch die Art der Revision - ordentliche oder eingeschränkte - nach den Bestimmungen des Aktienrechts.
Ordentliche Revision
Die Stiftung muss ihre Buchführung durch eine zugelassene Revisionsexpertin oder einen zugelassenen Revisionsexperten ordentlich prüfen lassen, wenn zwei der drei nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschritten werden (Art. 727 und Art. 727b OR i.V.m. Art. 83b Abs. 3 ZGB):
- eine Bilanzsumme von CHF 20 Millionen;
- ein Umsatzerlös von CHF 40 Millionen;
- 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.
Eingeschränkte Revision
Sind die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht gegeben, so kann die Stiftung ihre Jahresrechnung durch eine zugelassene Revisorin oder einen zugelassenen Revisor eingeschränkt prüfen lassen (Art. 727a und Art. 727c OR i.V.m. Art. 83b Abs. 3 ZGB).
Für klassische Stiftungen besteht damit mindestens die Pflicht zur eingeschränkten Revision. Die Stiftung kann jedoch freiwillig anstelle der eingeschränkten Revision eine ordentliche Revision durchführen (Opting-up für Stiftungen).
Die Aufsichtsbehörde kann eine Stiftung mit eingeschränkter Revision jederzeit zu einer ordentlichen Revision verpflichten, wenn dies für die zuverlässige Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Stiftung notwendig ist (Art. 83b Abs. 4 ZGB; Opting-up für Stiftungen).
Befreiung von der Revisionspflicht (Opting-out für Stiftungen)
Auf Gesuch des obersten Stiftungsorgans kann die Aufsichtsbehörde eine Stiftung von der Pflicht befreien, eine Revisionsstelle zu bezeichnen, wenn:
- während zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren die Bilanzsumme kleiner als CHF 200'000.00 ist,
- die Stiftung nicht öffentlich zu Spenden oder sonstigen Zuwendungen aufruft und
- die Revision nicht für eine zuverlässige Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Stiftung notwendig ist (Art. 83b Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die Revisionsstelle von Stiftungen) [Verordnung vom 24. August 2005 über die Revisionsstelle von Stiftungen (SR 211.121.3)].
Die Möglichkeit, ein Befreiungsgesuch bei der Aufsichtsbehörde einzureichen, muss in der Stiftungsurkunde vorgesehen oder vorgängig neu darin aufgenommen worden sein. Die Aufsichtsbehörde prüft das Gesuch und verfügt die Befreiung, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Befreiung von der Revisionspflicht muss im Handelsregister eingetragen werden (Art. 95 Abs. 1 Bst. l HRegV).
Die Befreiung von der Revisionspflicht kann jederzeit widerrufen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, insbesondere wenn eine Revision für die zuverlässige Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Stiftung notwendig ist (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung über die Revisionsstelle von Stiftungen; Opting-in für Stiftungen).
Anforderungen an die Revisionsstelle
Revisorinnen und Revisoren, die gesetzlich vorgeschriebene Revisionsdienstleistungen erbringen, unterliegen der Zulassungspflicht nach dem Revisionsaufsichtsgesetz*. Die Zulassung erfolgt durch die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde.
[*Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG, SR 221.302)]
Die Revisionsstelle muss unabhängig sein. Die Grundsätze der Unabhängigkeit sind in Artikel 728 (ordentliche Revision) und Artikel 729 OR (eingeschränkte Revision) sowie in Artikel 11 RAG geregelt.
Die Revisionsstelle hat der Aufsichtsbehörde eine Kopie des Revisionsberichts sowie aller wichtigen Mitteilungen an die Stiftung zuzustellen (Art. 83c ZGB).
Vermögensverwaltung und Vermögensanlage
Das Stiftungsvermögen muss zweckkonform verwendet werden. Das Verhältnis zwischen den Vermögensverwaltungskosten und dem verwalteten Vermögen soll ausgeglichen sein.
Soweit es nach dem Stiftungszweck möglich ist, gelten für die Anlage des Vermögens sinngemäss die Bestimmungen des BVG* und der dazugehörigen Verordnungen (Art. 5 ASVV). Die entsprechenden Anlagevorschriften befinden sich in Artikel 71 BVG sowie in den Artikeln 49-59 BVV 2**.
[*Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40)]
[**Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2, SR 831.441.1)]
Berichterstattung
Nach Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 2 ASVV sind der zuständigen Aufsichtsbehörde (der BBSA oder der zuständigen Gemeindebehörde) jährlich innert einer Frist von 6 Monaten nach Rechnungsabschluss folgende Unterlagen einzureichen:
- Ein vom obersten Stiftungsorgan rechtsgültig unterzeichnetes Exemplar der Jahresrechnung (inkl. Vorjahreszahlen) bestehend aus der Bilanz, der Betriebsrechnung und dem Anhang nach Art. 959c OR.
- Zusätzlich für den Fall einer ordentlichen Revision: Weitere Angaben im Anhang, Geldflussrechnung, Lagebericht, evtl. Abschluss nach anerkanntem Standard.
- Den unterzeichneten Anhang nach Artikel 3 ASVV (siehe auch unter «Der Anhang nach Art. 3 ASVV»).
- Den Bericht der Revisionsstelle (von der Revisionspflicht befreite Stiftungen: Bestätigung des obersten Stiftungsorgans zur Jahresrechnung).
- Das rechtsgültig unterzeichnete (Beschluss-)Protokoll der Sitzung des obersten Stiftungsorgans über die Genehmigung der Jahresrechnung und des Geschäftsberichts/Tätigkeitsbericht.
- Den unterzeichneten Geschäftsbericht/Tätigkeitsbericht über die Tätigkeiten (Erfüllung des Stiftungszwecks) sowie die wesentlichen Vorgänge innerhalb der Stiftung.
- Unterzeichnete neue oder revidierte Reglemente mit dem rechtsgültig unterzeichneten (Beschluss-)Protokoll des obersten Stiftungsorgans über die Reglementsgenehmigung, die entgegen Artikel 7 ASVV nicht bereits nach der Beschlussfassung bei der Aufsichtsbehörde eingereicht worden sind.
- Allfällig weitere von der BBSA eingeforderten Unterlagen.
Die Jahresrechnung muss innert 6 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres erstellt und dem obersten Stiftungsorgan zur Genehmigung vorgelegt werden. Sie ist von der Präsidentin/vom Präsidenten des obersten Stiftungsorgans und der für die Rechnungslegung zuständigen Person bzw. einem zweiten Mitglied des obersten Stiftungsorgans zu unterzeichnen (Art. 958 Abs. 3 OR).
Bitte teilen Sie uns frühzeitig mit, falls es nicht möglich ist, die Einreichungsfrist einzuhalten, denn Mahnungen sind kostenpflichtig.
Ein Gesuch um Fristerstreckung der Jahresberichterstattung muss vor Ablauf der ordentlichen Frist mittels des vollständig ausgefüllten und unterzeichneten Formulars «Gesuch um Fristerstreckung» eingereicht werden. Sie finden das Formular im Downloadbereich. Gerne können Sie es elektronisch einreichen an: info@aufsichtbern.ch. Die Frist kann bis maximal 2 Monate erstreckt werden.
Anhang nach Artikel 3 ASVV
Neben den gesetzlichen Anforderungen nach Artikel 959c OR hat der Anhang zusätzliche aufsichtsrechtliche Anforderungen zu erfüllen. Gemäss Artikel 3 Absatz 2 ASVV hat dieser mindestens folgende Angaben zu enthalten:
- Organisation der Stiftung (insbesondere Auflistung der geltenden Stiftungsurkunde und Reglemente mit Datum des Erlasses).
- Personelle Zusammensetzung des obersten Stiftungsorgans (Namen, Adressen, Funktionen).
- Zeichnungsberechtigte Personen (Namen, Adressen).
- Name und Adresse der Revisionsstelle.
- Art und Umfang der erbrachten Leistungen.
- Zweckkonforme Verwendung des Stiftungsvermögens.
- Zusammensetzung, Höhe und Veränderung des Stiftungsvermögens.
- Höhe und Veränderung des Stiftungskapitals nach dem Bruttoprinzip.
- Höhe und Veränderung des Vermögens nach dem Bruttoprinzip von Fonds mit eigener Zweckbestimmung, sofern innerhalb der Stiftung solche bestehen.
- Erläuterungen zur Jahresrechnung wie beispielsweise zur Bildung und Auflösung von Wertberichtigungen, Bewertungsreserven oder Rückstellungen.
Angaben, Aufschlüsselung und Erläuterung zu Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung
Folgende Positionen sind im Anhang offenzulegen:
- Erläuterung zu Fonds von Dritten (von Dritten festgelegter Fondszweck) und zu gebundenen Fonds (vom obersten Stiftungsorgan festgelegter Fondszweck, der dem von der Stifterin/vom Stifter festgelegten Stiftungszweck nicht zuwiderläuft), sofern innerhalb der Stiftung solche bestehen.
- Aufschlüsselung zu Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten sowie zu Vergütungen an Mitglieder des obersten Stiftungsorgans und Dritte.
- Angaben und Erläuterung zu Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber nahestehenden Personen.
- Angaben und Aufschlüsselung zu Vergabungen.
Bestätigung des obersten Stiftungsorgans für befreite Stiftungen
Von der Revisionspflicht befreite Stiftungen haben der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Bestätigung einzureichen, dass
- die Jahresrechnung vollständig ist und den gesetzlichen Bestimmungen entspricht,
- das Vermögen zweckkonform verwendet wurde und
- die Voraussetzungen zur Befreiung von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle weiterhin gegeben sind.
Das entsprechende Formular «Bestätigung Stiftungsrat – Revisionsbefreite Stiftungen» finden Sie im Downloadbereich.