Aufsichtspraxis bei Annex-Stiftungen - FZ & 3a - Anlageerweiterungen
Die Aufsichtsbehörden werden im aktuellen Anlageumfeld mit der Frage konfrontiert, in welchem Ausmass und unter welchen Voraussetzungen Anlageerweiterungen bei FZ bzw. 3a - Einrichtungen zulässig sind. Spezifisch geht es meist um Aktienquoten über 50%, wobei oft Aktienquoten von rund 100% angestrebt werden. Da FZ bzw. 3a-Einrichtungen schweizweit im Wettbewerb stehen, ist eine harmonisierte Praxis der Direktaufsichtsbehörden zwingend. Dieses Merkblatt beschreibt die gemeinsame Aufsichtspraxis der Konferenz.
Ausgangslage
Sowohl bei FZ als auch bei 3a sind Wertschriftenlösungen zugelassen. Werden Wertschriftenlösungen gewählt, handelt es sich (ebenso wie bei 1e-Lösungen) konzeptionell um Individualvorsorge, bei welcher der Vorsorgenehmer die Anlagerisiken selbst trägt. Es besteht keine Garantie des Kapitalerhalts, der Anspruch des Vorsorgenehmers hängt von der Wertentwicklung des gewählten Wertschriftenvermögens ab.
Wertschriftenanlagen im Rahmen von FZ und 3a finden im Rahmen eines gesetzlich geregelten Vorsorgeverhältnisses statt. Dadurch besteht ein zentraler Unterschied zur Wertschriftenanlage im Privatvermögen: Das Privatvermögen kennt keine Anlagevorschriften. Es darf grundsätzlich auch völlig unvernünftig angelegt werden. Eine hohe Risikowilligkeit kann eine tiefe Risikofähigkeit jederzeit übersteuern. FZ und 3a unterliegen als Vorsorgevermögen hingegen (absolut zu Recht) gewissen Anlagebeschränkungen.
Im Bereich FZ und 3a gelten die wesentlichen BVV 2-Anlagevorschriften sinngemäss. Die sinngemässe Anwendung erfolgt dabei auf der Stufe des einzelnen Vorsorgenehmers, dieser ist Träger der gesamten Anlagerisiken. Für die Beurteilung der Eignung der Wertschriftenanlagen ist entsprechend ausschliesslich die Sicht auf den einzelnen Vorsorgenehmer massgebend. Die Sicht auf Stufe Stiftung zeigt lediglich ein aggregiertes Bild und ist für diese Beurteilung nicht relevant.
Anlagerweiterungen sind bei FZ und 3a grundsätzlich zulässig. Es gelten sinngemäss die entsprechenden BVV 2-Voraussetzungen. Bei FZ und 3a bestehen generell keine passivseitigen/versicherungstechnischen Verpflichtungen. Eine sinngemässe Anwendung der Einhaltung des Grundsatzes der Sicherheit fokussiert entsprechend auf den Erhalt des Vorsorgeschutzes im Sinne des langfristigen Erhalts des Vorsorgevermögens. Zentral für die Einhaltung des Grundsatzes der Sicherheit ist jeweils die Abstimmung der Vermögensanlage auf die Risikofähigkeit des Vorsorgenehmers.
FZ und 3a-Einrichtungen sind geprägt durch sehr unterschiedliche Voraussetzungen bezüglich der Vermögensanlage in Wertschriften:
Freizügigkeitseinrichtungen
- Betrifft Zwangssparen.
- Betrifft typischerweise gesamtes Vorsorgegeld des Vorsorgenehmers in der 2. Säule (inkl. Obligatorischem Vorsorgevermögen).
- Typischerweise nicht/schwer berechenbarer, kurzfristiger Anlagehorizont, vom Gesetzgeber erzwungen, vom Vorsorgenehmer nicht beeinflussbar (FZ-Guthaben ist bei Stellenantritt zwingend in die neue Vorsorgeeinrichtung einzubringen; erzwingt Realisierung allfälliger Verluste im Zeitpunkt des Stellenantritts; keine Möglichkeit, danach die individuell gewählte Anlagestrategie weiterzuführen).
=> Grundvoraussetzungen für risikobehaftete Anlagestrategie typischerweise nicht/schwer erkennbar.
3a
- Betrifft zusätzliche Gelder des Vorsorgenehmers ausserhalb der ersten und zweiten Säule (Ausnahme Selbständigerwerbende).
- Langfristiger Zeithorizont vom Gesetzgeber erzwungen und vom Vorsorgenehmer beeinflussbar (i.A. kein frühzeitiger Bezug möglich; selbst bei Bezug ist individuelle Weiterführung der gewählten Anlagestrategie mittels typgleicher Anlagefonds jederzeit möglich).
=> Grundvoraussetzungen für risikobehaftete Anlagestrategie typischerweise gegeben.
Obwohl bei FZ und 3a faktisch dieselben Erweiterungsvoraussetzungen gelten, ist aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Prüfung von Anlageerweiterungen bei FZ besondere Aufmerksamkeit geboten.
Sämtlich einzuhaltenden Grundsätze gelten unabhängig davon, ob das Vorsorgemodell über traditionelle Kanäle oder rein digital angeboten wird. Bei rein digitalen Kanälen ist zu berücksichtigen, dass das persönliche Beratungsgespräch als korrigierender Faktor entfällt.
Aufsichtspraxis bei Anlageerweiterungen
Die Aufsichtspraxis für Anlageerweiterungen bei Freizügigkeitseinrichtungen lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Konsequente Einhaltung des Grundprinzips, dass ausschliesslich Anlagen im Rahmen der festgestellten Risikofähigkeit des individuellen Vorsorgenehmers vorgenommen werden.
- Bedingt eine nachvollziehbare, glaubwürdige Methodik zur Feststellung der Risikofähigkeit des individuellen Vorsorgenehmers.
- Bedingt zudem eine nachvollziehbare Methodik zur Sicherstellung, dass ausschliesslich Anlagen im Rahmen der festgestellten individuellen Risikofähigkeit getätigt werden.
- Adäquate, für die Aufsichtsbehörde nachvollziehbare Aufklärung über Risiken und Kosten.
- Im Rahmen der Risikoaufklärung ist auf eine für den Vorsorgenehmer unmissverständliche Aufklärung zu achten, welche die Anlageformen mit Inanspruchnahme von Anlageerweiterungen klar als Anlagen mit erhöhtem Risiko identifizieren.
- Diese Vorgaben gelten sowohl bei analogen als auch bei digitalen Lösungen.
Die Prüfung der Aufsicht fokussiert auf die Führungsverantwortung des Stiftungsrates. Im Fokus steht die Etablierung geeigneter Methoden und Prozesse und deren Beschriebe, welche die Einhaltung der beschriebenen Voraussetzungen sicherstellen. Es finden keine Einzelfallprüfungen statt. Stichprobenprüfungen im laufenden Geschäftsbetrieb obliegen der zuständigen Revisionsstelle.